Von der Technischen Bildungsanstalt zur Technischen Hochschule 1828-1890:
„Zur Beförderung der Nationalindustrie“ bestätigte Generalgouverneur Repnin-Wolkonski 1814 die Gründung einer „Sonntags“- und einer „Industrieschule“ auf der Brühlschen Terrasse. Diese Anstalten waren jedoch ausschließlich kunsthandwerklich ausgerichtet. 1822 regte Kammerrat Wilhelm Ernst August von Schlieben (1781-1839) für Sachsen ein polytechnisches Institut nach anderen europäischen Vorbildern an. König
Anton bestätigte nach Vorschlägen von Rudolf Sigismund Blochmann 1827 das Dekret für eine Technische Bildungsanstalt, die am 1. Mai 1828 im Brühlschen Gartenpavillon (später Atelier Ernst Rietschels) auf der Brühlschen Terrasse gegründet wurde und bis 1840 unter Leitung Wilhelm Gotthelf Lohrmanns stand. Rietschel unterrichtete an der Anstalt zeitweise im Tonmodellieren.
Blochmann und Johann Andreas Schubert lehrten Mechanik und Maschinenbau; praktische Arbeiten wurden anfangs in Blochmanns Werkstatt auf der Waisenhausgasse, dann in anderen Werkstätten geübt. Die Anstalt übersiedelte 1835 in die ehemalige Rüstkammer am Jüdenhof und wurde unter August Seebecks Leitung 1846 in einen Neubau am Antonsplatz verlegt.
Die Ausbildung im Bauwesen war an der Akademie der Bildenden Künste ausschließlich künstlerisch orientiert. Zur Förderung naturwissenschaftlich-technischer Kenntnisse wurde am 15. Oktober 1837 in Dresden die erste sächsische Baugewerkeschule gegründet und der Technischen Bildungsanstalt unter Lohrmann unterstellt. Sie hatte ihren Sitz anfangs nahe dem Seetor, dann im Jüdenhof, 1839 an der späteren Zeughausstraße und ab 1842 an der Ostra-Allee neben dem Prinz-Max-Palais. 1875 wurde die Baugewerkeschule von der Polytechnischen Schule gelöst und als Sächsische Staatsbauschule selbständig.
Die ehemalige „Industrieschule“ verblieb als Abteilung „Modellieren, Ornamenten- und Musterzeichnen“ bis 1875 an der Bildungsanstalt, kehrte dann an die Akademie der Bildenden Künste zurück und ging zuletzt in die Kunstgewerbeschule (Staatliche Akademie für Kunstgewerbe) über.
Mit der Umbenennung der Technischen Bildungsanstalt in Polytechnikum 1871 unter dem Direktorat von Gustav Anton Zeuner war die Anerkennung als höhere Fachschule verbunden. Sie bezog 1875 den Neubau südlich des Hauptbahnhofs (Polytechnikum, auch „Alte Schule“). Zu dieser Zeit und in den folgenden Jahrzehnten bestanden die fünf Abteilungen Hochbau, Maschinenwesen, chemische Abteilung, Ingenieurabteilung und Allgemeine Abteilung.
Die Technische Hochschule von 1890 bis 1945:
Mit der steigenden Bedeutung von Naturwissenschaft und Technik erhielt das Polytechnikum 1890 den Status einer Technischen Hochschule (TH), der 1900 das Promotionsrecht für den Grad eines Dr.-Ing. verliehen wurde. Erster Dr.-Ing. war der Chemiker E. Kegel, erster Ehrendoktor der Industrielle Friedrich Siemens. Ab 1907 ließ die TH auch Frauen zum Studium zu. Die Studentenzahl überschritt um die Jahrhundertwende die 1000, sank jedoch im Ersten Weltkrieg auf nur 300. Ein hoher Anteil ausländischer Studenten sprach für den internationalen Ruf der Schule.
Charakteristisch für das Wirken der TH war schon frühzeitig die enge Verbindung zur Industrie, die z. B. mit der Mechanisch-Technischen Versuchsanstalt zusammenarbeitete. Johannes Görges (1859-1946) brachte 1903 seine 17jährige Industrieerfahrung bei Siemens & Halske in die Leitung des elektrotechnischen Institutes ein.
Bis 1905 errichtete Karl Weissbach die Hochschulbauten unterhalb der Räcknitzhöhe; Martin Dülfer schuf 1913 den Beyer-Bau mit dem Lohrmann-Observatorium und nach dem Ersten Weltkrieg weitere Bauten in der Südvorstadt. Mehrmals wurde in den zwanziger Jahren Adolf Nägel (1875-1939) zum Rektor gewählt. 1923/24 wurde der „Große Senat“ gebildet. Die Forschung war weiterhin eng mit Industrieaufträgen verbunden. So arbeitete das Physikalische Institut mit Koch & Sterzel, das Photographische Institut mit Zeiss-Ikon Dresden eng zusammen. Den universitären Charakter der TH stärkte 1925 die aus der Allgemeinen Abteilung gegründete Kulturwissenschaftliche Abteilung.
1929 wurde die Forstliche Hochschule Tharandt (Forstakademie) der TH als Fakultät angegliedert. Sie war 1811 von Heinrich Cotta (1763-1844) nach Tharandt verlegt und 1816 verstaatlicht worden. An ihr wirkten u. a. der Naturkundler und Demokrat von 1848/49 Emil Adolph Rossmässler (1806-1867), der Botaniker Friedrich Nobbe (1830-1922), der Agrarchemiker Julius Adolph Stöckhardt (1809-1886) und als Direktor Johann Friedrich Judeich (1828-1894).
Nach dem Machtantritt des Faschismus wurden über 30 Hochschullehrer zwangsemeritiert oder der TH verwiesen, u.a. der Romanist Viktor Klemperer und der Sozialhygieniker Rainer Fetscher. Von großen Teilen des Lehrkörpers und der Studentenschaft wurde jedoch die ideologische Gleichschaltung widerstandslos hingenommen, z. T. auch unterstützt. Das Führerprinzip der NSDAP wurde 1937/45 in der Person des Rektors Wilhelm Jost (1887-1949) durchgesetzt.
Die Luftangriffe 1945 zerstörten das Polytechnikum am Bismarckplatz völlig und das Hochschulviertel der Südvorstadt zu etwa 80 Prozent. Am 20. April 1945 wurden Lehre und Forschung ganz eingestellt.
Technische Hochschule 1946-1961:
18. September 1946
Festveranstaltung in der „Tonhalle“ (Kleines Haus) anlässlich der Wiedereröffnung der TH; erster Rektor bis 1947
Enno Heidebroek (1876-1955)
21. Oktober 1946
Aufnahme des Lehrbetriebs mit 453 Studenten vorerst an den drei Fakultäten Kommunalwirtschaft, Forstwirtschaft und Pädagogik
1949
Aufnahme des Fernstudiums in den Lehrbetrieb. Eröffnung der „Arbeiter- und Bauern-Fakultät“ (ABF) der TH (ab 1954 am Weberplatz in Dresden-Strehlen; bis 1963 2534 Absolventen). Zuordnung des Dresdner Botanischen Gartens zum Institut für Botanik der TH
1950
Wiederaufbauphase im alten Hochschulviertel weitgehend abgeschlossen; Raumentwicklungsplan für Erweiterung mit Schwerpunkt Zellescher Weg/Fritz-Förster-Platz
1952
Ausgliederung der verkehrstechnischen Fachrichtungen und Gründung der Hochschule für Verkehrswesen
1953
125-Jahr-Feier
1955
An der TH mit ca. 8300 Studenten und 4500 Mitarbeitern bestehen die Fakultäten: Mathematik und Naturwissenschaften; Bauwesen; Maschinenwesen; Technologie; Leichtbau (seit 1954; 1956/61 Fakultät für Luftfahrtwesen); Ingenieurökonomie; Forstwirtschaft; Pädagogik und Kulturwissenschaft; Kerntechnik (1955-1958) sowie das Institut für Gesellschaftswissenschaften und das 1954 gegründete Industrieinstitut
1956
Gebäude Dürerstraße für Fakultät für Leichtbau errichtet.
1957
Übernahme des ehemaligen Landgerichts durch die TH; Umbau bis 1961 für TH-Institutionen und als Mahn- und Gedenkstätte; benannt nach dem Widerstandskämpfer Georg Schumann (geb. 1886, hingerichtet 1945); heute Gedenkstätte für die Opfer des Nationalsozialismus und des Stalinismus
1961
Abschluss der wichtigsten Erweiterungs- und Neubauten im Hochschulviertel (Zellescher Weg)
Technische Universität seit 1961:
1961
Am 5. Oktober Verleihung des Status Technische Universität (TU), erster Rektor bis 1965 Kurt Schwabe (1905-1983). Die TU hat 10 000 Direkt- und 5200 Fernstudenten sowie 5400 Mitarbeiter
1968
Bildung des Universitätsrechenzentrums. Am 28. Oktober Bildung von 22 Sektionen statt der bisher 8 Fakultäten
1980
Mensa Fritz-Förster-Platz eröffnet
1987
Eingliederung der Ingenieurhochschule Dresden (gegründet 1969) in die TU
1990/93
Umgestaltung der Dresdner Hochschulen; Hochschulstruktur- und Hochschulerneuerungsgesetz. März 1990 demokratische Wahl des Rektors (Günter Landgraf).
1992
Fakultät für Verkehrswissenschaften wiedergegründet. Überführung der Pädagogischen Hochschule in die TU.
1993
Gründung der Medizinischen Fakultät aus der Medizinischen Akademie Carl Gustav Carus (22 Kliniken, 1300 Betten, 19 Institute, 900 Studenten, 3800 Mitarbeiter). 1993 Eröffnung des Neubaus der Juristischen Fakultät (Juridicium) an der Bergstraße.
1994 und 1997
Achim Mehlhorn zum Rektor gewählt.
1996
Die TU zählt 23 000 Studenten.
Fakultäten der TU:
Architektur; Bauingenieurwesen; Elektrotechnik; Erziehungswissenschaften; Geo- und Hydrowissenschaften; Informatik; Jura; Maschinenwesen; Mathematik; Medizin; Philosophie; Sprach- und Literaturwissenschaften;
Verkehrswissenschaften; Wirtschaftswissenschaften.
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