Dresdner Barock

auch sächsischer oder augusteischer Barock: Stilrichtung des Barocks, die im Allgemeinen durch ihren beschwingten, festlich-heiteren Charakter mit harmonisch-großzügiger Gestaltung ohne pathetisch-abweisende Monumentalität gekennzeichnet ist.

Der D. ist verbunden mit dem Repräsentationsbedürfnis des zur absolutistischen Herrschaftsform strebenden, zum Katholizismus übergetretenen Kurfürsten Friedrich August I. (erste Phase des D.) und der Kunstbesessenheit von Friedrich August II. (zweite Phase des D.). In ihrer Regierungszeit wurde Dresden zu einer der vornehmsten europäischen Residenzen ausgebaut.

Der D. fußt auf italienischen, österreichischen und böhmischen sowie auf französischen, niederländischen und englischen Einflüssen, wobei die „Einfachheit und Klarheit der Kunst des protestantischen Nordens mit der Bewegtheit und dem bildkünstlerischen Überschwang“ des katholischen Südens korrespondieren. Außerdem wurden die „China-Mode“ des frühen 18. Jh. und die reichen inländischen handwerklichen Traditionen mit einbezogen. Beim Zusammenwirken der verschiedensten Künste (an den Hoffesten als Gesamtkunstwerke großen Ausmaßes besonders offensichtlich) vereinigte das Oberbauamt als zentrale Behörde Beamte, Künstler und die einzelnen Gewerke. Unter direkter Einflussnahme von Friedrich August I. orientierte es auf komplexe Planungen mit einheitlichen Gestaltungskonzeptionen (Bauordnungen), so dass trotz differenzierter Entwürfe einzelner Künstler und Architekten eine relative Homogenität erreicht wurde. Dabei lassen sich (mit Übergängen und Überschneidungen) vor allem in der Architektur und Plastik an höfischen und bürgerlichen Bauten sowie den Adelspalästen die zwei Phasen des D. deutlich unterscheiden. Während die erste (1694-1728) durch besonders reiche figurale Plastik und üppige schmuckhafte Dekorationen (Blütenketten, Waffen-, Früchte- und Tuchgehänge) gekennzeichnet ist, herrschen in der zweiten Phase (um 1730 bis 1763) zurückhaltendere und intimere Formen vor, die teils Züge des Rokokos zeigen und andererseits zum Klassizismus überleiten. In der Architektur sind dafür die maßvollen Fassadengliederungen (Lisenen, Spiegel unter den Fenstern, vorschwingender Mittelrisalit, Dachreiter, Sandsteinverkleidung) und die anmutige Ausgestaltung der Innenräume typisch.

Hauptvertreter der ersten Phase des D. sind Matthäus Daniel Pöppelmann und Balthasar Permoser, die den Zwinger als Höhepunkt der barocken Festarchitektur Dresdens schufen, der zum Inbegriff des D. wurde. Zu weiteren hervorragenden Architekten der ersten Phase des D. zählen Johann Friedrich Karcher (Taschenbergpalais, mit Pöppelmann), Johann Rudolph Fasch, George Bähr, Johann Fehre, (Löwenapotheke) und Johann Christoph Naumann, während zu den bekanntesten Bildhauern Benjamin Thomae und Johann Christian Kirchner gehören.

Der bedeutendste Architekt der zweiten Phase war Johann Christoph Knöffel, der stark vom Stil Longuelunes beeinflusst war (Blockhaus) und vor allem mit seinen Bauten für den Grafen Brühl (Brühlsche Herrlichkeiten) hervorgetreten ist. Weiterhin ist hier Julius Heinrich Schwarze zu nennen (Palais Mosczinska). An Bildhauern traten besonders Gottfried Knöffler sowie in der Porzellanplastik Johann Joachim Kandler hervor, der mit dem Maler Johann Gregorius Höroldt (1696-1775) den Ruhm der europäischen Porzellankunst (Porzellanerfindung) begründete.

Zu den Vertretern des D. in der Malerei rechnen Samuel Bottschildt, Heinrich Christoph Fehling, Louis de Silvestre, Ismael Mengs (1688-1764), Johann Alexander Thiele, Bernardo Bellotto und Christian Wilhelm Ernst Dietrich.

Die Besonderheiten des D. zeigen sich außerdem in der Goldschmiedekunst (Johann Melchior Dinglinger), in der Möbelkunst, in einer eigenständigen Glaskunst, in der Stein- und Bergkristallschneidekunst sowie in der Medaillen- und Münzschneidekunst.

Mit dem Aufkommen des Klassizismus im ausgehenden 18. Jh. abgelehnt und später vergessen, wurde der D. gegen Ende des 19. Jh. wiederentdeckt (Cornelius Gurlitt) und fand in Anklängen wieder Anwendung in der neueren Architektur Dresdens.

zurück