Dresdner Philharmonie

neben der Sächsischen Staatskapelle repräsentativster Klangkörper der Stadt, der aus etwa 120 Musikern besteht und ausschließlich sinfonische und Konzertmusik interpretiert. Die Geschichte der Dresdner Philharmonie setzt mit dem Ende der Stadtmusik ein. Anlässlich der Eröffnung des Gewerbehauses im Jahre 1870 verpflichtete der Gewerbeverein das Stadtmusikcorps zur regelmäßigen Durchführung sinfonischer Konzerte im Gewerbehaussaal für weite Kreise der Bevölkerung zu niedrigen Eintrittspreisen.

Mit einem umfangreichen Konzertprogramm setzte Hermann Gustav Mannsfeldt dieses Anliegen fort (bereits 1871 erste Auslandstournee nach Petersburg).

Er hatte einen Teil der Stadtmusiker in seine aus Kassel stammende Mannsfeldische Kapelle übernommen, die als hauseigene Körperschaft bald „Gewerbehauskapelle“ oder „Gewerbehausorchester“ genannt wurde. Ab 1890 wurde das Orchester, dessen Entwicklung häufig von wirtschaftlichen Krisensituationen geprägt war, in ein Privatunternehmen umgewandelt; 1924 wurde es in eine Genossenschaft umgebildet und 1937 in eine Stiftung unter städtischer Verwaltung. Ab 1885 veranstaltete man die ersten „Philharmonischen Konzerte“, in denen besonders prominente Künstler auftraten. Bei einer Konzertreise 1909 durch die USA erstmals als „The Dresden Philharmonic Orchestra“ bezeichnet, trug das Orchester ab 1915 den Namen „Dresdner Philharmonisches Orchester“, seit 1924 heißt es „Dresdner Philharmonie“. Es hatte einen festen Platz im Bildungsprogramm des städtischen Bürgertums und förderte neben musikalischer Unterhaltung (so genannte Ausschank- oder Tischkonzerte 1890/1934) vor allem die Musikerziehung breitester Schichten (z. B. städtische Volkssinfoniekonzerte im „Volkswohlhaus“ mit 30 Pfennig Eintritt und ab 1912 unter Paul Büttner Konzerte für die Arbeiterjugend). In den 20er/30er Jahren dieses Jahrhunderts entwickelte sich die Dresdner Philharmonie - vor allem unter Eduard Mörike und Paul van Kempen - zu einem erstklassigen Klangkörper von europäischem Rang. Hatten bereits im 19. Jahrhundert berühmte Künstler mit dem Gewerbehausorchester musiziert, z. B. Johannes Brahms, Antonin Dvořák, Anton Rubinstein, Richard Strauss und Peter Tschaikowski, so waren in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts folgende Gastdirigenten besonders mit der Dresdner Philharmonie verbunden: Bruno Walter, Erich Kleiber, Hermann Abendroth, Fritz Busch, Eugen Jochum und Carl Schuricht (noch im Juli 1944 offiziell zum Chefdirigenten berufen). Im September 1944 wurde nach Proklamierung des „totalen Krieges“ mit der Schließung aller Kultureinrichtungen auch die Dresdner Philharmonie aufgelöst.

Mit der Zerstörung des Gewerbehauses am 13./14. Februar 1945 hatte die Dresdner Philharmonie ihr Domizil, ihre Noten, ihr Archiv und wertvolle Instrumente verloren, dennoch veranstaltete sie am 8. Juni 1945 im Gemeindesaal Strehlen bereits wieder ein Konzert, das erste in Dresden nach dem Kriege und eines der ersten im zerstörten Nachkriegsdeutschland. Nachdem die Dresdner Philharmonie zunächst in den Randgebieten der Stadt aufgetreten war, konzertierte sie 1946/57 im Steinsaal und 1958/69 im Kongress-Saal des Hygiene-Museums. Seit Oktober 1969 steht der Dresdner Philharmonie der Kulturpalast als künstlerische Heimstatt zur Verfügung.

Der Chefdirigent Heinz Bongartz brachte den Klangkörper, der 1950 den Status eines staatlichen Instituts erhalten hat und seit 1954 in die Spitzenklasse der Kulturorchester der DDR eingestuft war, zur Weltgeltung. Bongartz entwickelte dabei die von Mörike und van Kempen begründete Tradition zu der noch heute gültigen Konzertorganisation (Dreiteilung in Philharmonische Konzerte, Zyklus-Konzerte und Außerordentliche Konzerte), brachte zahllose DDR-Ur- und Erstaufführungen heraus und setzte auch die Tradition der sommerlichen Konzerte im Freien fort (1947 erste Serenade in Pillnitz). Seit 1967 steht dem Orchester, das bereits in der Vergangenheit häufig mit namhaften Dresdner Chören musiziert hatte (z. B. Kreuzchor, Dresdner Singakademie, Dresdner Lehrergesangverein), der Philharmonische Chor (Laienchor mit Erwachsenen und Kindern) zur Seite, der aus dem 1959 gegründeten Städtischen Chor Dresden gebildet worden war.

Neben den üblichen Konzerten, In- und Auslandstourneen, Rundfunk- und Schallplattenproduktionen (erste Schallplatte 1937) und intensiver Kammermusikpflege steht auch das musikerzieherische Anliegen im Mittelpunkt des Wirkens der Dresdner Philharmonie. Besonders pflegt die Dresdner Philharmonie das Werk von Beethoven, Mahler, Brahms, Bruckner und Tschaikowski sowie das Gegenwartsschaffen (Vergabe von Kompositionsaufträgen).

Übersicht über die künstlerischen Leiter der Dresdner Philharmonie:

  • 1870/71 Moritz Erdmann Puffholdt (gestorben 1889)
  • 1871/85 Hermann Gustav Mannsfeldt (1833 - 1892)
  • 1885/86 Michael Zimmermann
  • 1886/90 Ernst Stahl
  • 1890/1903 Friedrich August Trenkler (1836 - 1910)
  • 1903/15 Henrik Willy Olsen (geboren 1867)
  • 1915/23 Edwin Lindner (1884 - 1935)
  • 1923/24 Joseph Gustav Mraczek (1878 - 1944)
  • 1924/29 Eduard Mörike (1877 - 1929)
  • 1929/32 Paul Scheinpflug (1875 - 1937)
  • 1932/34 Werner Ladwig (1899 - 1934)
  • 1934/42 Paul van Kempen (1893 - 1955)
  • 1945/46 Gerhart Wiesenhütter (1912 - 1978)
  • 1947/64 Heinz Bongartz (1894 - 1978)
  • 1964/67 Horst Förster (1920 - 1986)
  • 1967/72 Kurt Masur (1927 - 2015)
  • 1972/77 Günther Herbig (geboren 1931)
  • 1977/85 Herbert Kegel (1920 - 1990)
  • 1986/94 Jörg Peter Weigle (geboren 1953)
  • 1994/2001 Michel Plasson (geboren 1933)
  • 2001/03; 2019/23 Marek Janowski (geboren 1939)
  • 2004/11 Rafael Frühbeck de Burgos (1933 - 2014)
  • 2011/19 Michael Sanderling (geboren 1967)
  • seit 2025 Donald Runnicles (geboren 1954)
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