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Heilkräuter- und Teefabrik Willy Schlüter

Wormser Straße 30c

"Die Firma Willy Schlüter stellt nach ihrem Hausschild Heilbäder und Kräutertees her. In einem Gartenhaus ein Mittelding zwischen Wohn-, Bureu- und Fabrikräumen. Im Erdgeschoß in der Hauptsache zwei Wand an Wand liegende lange Säle mit Steinfußboden. Im einen quer zu den Fenstern Tische, an der Innenseite des Raums von Außen- zu Innentür ein breiter Längsweg, an der Innenlängswand und in dem anstoßenden kleineren Hinterzimmer Kartons mit Ware. Im Längsgang auf leeren Kisten offene volle Teekästen, deren Inhalt man stehend mit einer Blechschaufel in Huntert-Gramm-Tüten füllt. Auf den Tischen Waagen: Hier werden die Tüten auf das genaue Gewicht gebracht. Einen Platz weiter werden sie zugefaltet. An anderen Plätzen in Sechs-Kilo-Kartons gepackt. in dieser ersten Woche wurden im gleichen Saal auch Banderolen um die Päckchen geklebt. Aber das waren nur zeitweilige "Kriegsnotpackungen". Man hatte nämlich Türmerkaffee-Tüten aufgekauft, die nun eine "Schlüters Haustee"-Banderole erhielten. Inzwischen sind aber - ich habe selbst ausladen helfen - wieder 200 000 firmeneigene Zellophanbeutel eingetroffen. Ich selber habe die meiste Zeit stehend Tüten gefüllt, ein bißchen auch geklebt, ein bißchen abgewogen. Zwischendurch beteilige ich mich an einer Kette zum Herein- und Herausbefördern von Kartons. (Das Banderolieren, das Zukleben ganz fertiger Sechs-Kilo-Kartons ist Sache einer Frauenabteilung im Oberstock, die ich nicht kenne.)"

"Im Längsraum neben unserem Verpacksaal ist ein mehr fabrikmäßiger Raum. Die Kräutersorten, die gemischt werden, stehen in großen Bottichen nebeneinander; ihnen gegenüber die Mischtrommel, kaum anders, als man sie beim Zementieren sieht. Hier arbeitet bei Tage eine fast ganz weibliche arische Belegschaft unter einem arischen Monteur (es sind wohl dieselben Frauen, die uns in einem Vor- und Küchenraum bekochen)."

 

Victor Klemperer, 25. April 1940, Tagebücher